Und noch ein bisschen mehr zum Thema: Zu HAUSE YOGA üben…
Manchmal ist die Frage einfach: Wie fang ich an?
Da sind Asana-Reihenfolgen natürlich sehr praktisch!
Ein weiterer Vorteil:
Wenn du immer die gleiche Reihe übst, wirst du mit der Zeit immer mehr und vorallem tiefer ent-decken, was die Qualität dieser Asana eigentlich ist. Jede einzelne Asana erzählt im Grunde eine ganze Geschichte…
…und ich spreche hier noch nicht einmal von der Energie-Qualität der Haltung, sondern alleine schon von den körperlichen Aspekten.
Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie viele Jahres es letzendlich gendauert hat, bis ich tatsächlich körperlich, gefühlt begriffen habe, wir sehr der Beckenboden mit der inneren Aufrichtung zusammenhängt und wie sehr diese Aufrichtung an dem Zusammenspiel jedes einzelnen Körpergewebes hängt und wie sich diese Aufrichtung zum Beispiel in den Umkehrhaltungen auswirkt.
Ich kann mich auch noch sehr, sehr gut daran erinnern, als ich in irgendeiner Stunde meiner damaligen Yogalehrerin (Herzensdank an Prema) auf einmal ein sehr tiefes „Aha-Erlebnis“ mit der Haltung des Fisches (Matsyendrasana) erlebt habe.
Ich hatte diese Stellung bereits hundertmal gemacht und sicher sah sie äußerlich ähnlich aus. Dieses Mal aber floss mein Atem so tief, so weich, dass er wirklich einen inneren Raum berührte, so dass die Haltung nicht aus dem Kopf, sondern aus dem gesamten Moment heraus Form annahm. Ich war tief berührt von diesem Erleben, was nicht nur meinen Körper bertraf, sondern mein gesamtes Bewusstsein.
Wenn wir mit Asana Reihen üben, dann haben wir die Chance nicht ständig auf der Suche zu sein, was wohl als nächstes „dran“ sein könnte, was wohl am effektivsten wäre oder wie ich mich am besten ablenken könnte oder wie ich meine Schmerzen loswerde oder oder oder…
Wir machen einfach.
Natürlich achtsam und im besten Fall abgestimmt auf unsere körperlichen Möglichkeiten und Bedürfnisse.
Dennoch: Wir machen es einfach!
Und zwar mit unserem gesamten Sein. Nicht nur mit unserem Körper. Das ist Yoga!
Anstatt also in der äußeren Erscheinung immer wieder eine Abwechslung, einen „Kick“ oder auch Perfektion zu suchen, lernst du „tiefer“ zu schauen. Möglicherweise wird es völlig egal, wie die Yogastellung von außen aussieht und du beginnst statt dessen zu entdecken, wie sie sich von innen anfühlt.
In diesem Entdecken fängst du an, dein eigener Lehrer zu sein. Du ent-deckst (du deckst durch dein eigenes Erforschen und Erleben auf) wie du die Stellung mit deinem Körper und mit der heutigen Verfassung am besten ausführen kannst. Dabei mögen „Kleinigkeiten“ auftauchen: Der Umgang mit einer Verhärtung unter den Schulterblättern vielleicht. Vielleicht entdeckst du, dass du den Fisch (Matsyendrasana) lieber passiv als aktiv übst, weil es so auf gewisse Weise für dich viel tiefer wirkt und deinem Gewebe genau den „richtigen“ Impuls gibt. Oder u machst die Entdeckung wie der Atem dich beim Aufrichten oder Loslassen unterstützt und wie sich dadurch die Haltung minimal verändert.
Es ist nicht so, dass das Üben von Hatha-Yoga ein ganz spezielles Ziel verfolgen würde. Und dennoch kann es vielerlei bewirken: Es kann dein Muskelgerüst ganz neu ausrichten und damit deine Haltung – und diese ist wiederum verwoben mit deiner inneren Haltung…
Selbst wenn wir augenscheinlich mit dem Körper arbeiten, so berühren wir durch diesen oft unser ganzes Wesen. Und eigentlich ist es genau DAS, was uns am Yoga so gefällt: Das berührt werden!
Da ist eine tiefe Sehnsucht ECHT zu sein, uns zu zeigen und zu spüren, denn das bedeutet es lebendig zu sein.
Wir können das in jedem Moment des Alltags. Aber oft schneiden wir uns hier vom Empfinden ab, in der Hoffnung, so „effektiver“ und „geschützt“ zu sein.
Herauszufinden, ob es nicht auch möglich ist, BERÜHrBAR zu leben, bedeutet, dieser Qualität Raum zu geben. Es bedeutet, sich Momente zuzugestehen, in denen ich BIN – und nicht erst TUN muss, um DANN zu sein.
Diese Momente sind letztendlich völlig unabhängig von irgendeiner Asana (Körperhaltung) oder sonstigen Technik! Jedoch kann uns die Körperarbeit durchaus helfen, uns wieder einen Geschmack davon zu geben, was es heißen könnte, all unsere verschiedenen Facetten (einfach) SEIN zu lassen. Dabei geht es sicher nicht darum, das Denken zu verteufeln oder jedes zielgerichtete Handeln. Es geht vielmehr darum, vorgefertigte Muster verlassen zu können und neu und auch ganz individuell und lebendig zu entdecken.
Hier wird offensichtlich, dass es dann egal ist, ob ich den ganzen, kompletten „Schulterstand“ (Sarvangasana) übe oder mir vielleicht einfach ein Kissen unter das Gesäß lege, um dem venösen Blut die Möglichkeit zu geben, zurückzufließen…
Es ist dann egal, ob die Gelenkigkeit meines Beckens und der Hüfte, sowie die Dehnung der rückwärtigen Beinmuskeln, so beschaffen sind, dass ich meinen Oberkörper in der Vorwärtsbeuge (Paschimottanasana) fast mühelos mit Hilfe des Atems nach vorne ablegen kann oder ob ich mit angewinkelten Knien und mit vielleicht einem Band mit geradem Rücken an der inneren Stabilität und am Loslassen „arbeite“…
Egal wie die Stellung aussehen mag, das was innerlich passiert, womit ich mich konfrontiert sehe (körperlich, emotional, geistig und energetisch) das ist HIER. Das passiert hier ganz allein, einmalig und höchst intim für MICH! Äußerlich unsichtbar.
JA! Körperlich macht jede kleine Veränderung durchaus einen Unterschied. Aber die Körper sind ja auch alle völlig unterschiedlich!
Die Idee, dass eine Asana den selben Effekt für alle Körper hätte, ist eine Illusion! Im Extremfall kann ein und die selbe Position für eine Person wie eine Erlösung sein, ein hilfreicher Impuls… während es für einen anderen Körper tatsächlich gesundheitsgefährdend ist. Einfach, weil dieser Körper anders ist: Er hat ein anderes Gewicht, die Knochen und Gelenke eine andere Qualität und Form, ebenso die Ausprägung und das Spiel der Muskeln. Hinzu kommt unser Charakter: Da gibt es Menschen, die gehen ständig über ihre Grenzen ohne es zu merken. Andere bleiben immer unter ihrem eigentlichen Kraft- und Kreativitätspotential. Sie haben sich eine imaginäre Grenze gesetzt, die sie ständig zurückhält. Dazwischen gibt es unendliche Facetten verschiedenster Ausprägungen und Kombinationen. ALL DAS begegnet uns (nebenbei), wenn wir Hatha-Yoga üben! Was für ein WUNDER 🙂
Nochmal KURZ zur Rishikesh-Reihe: Sie ist eine ganzheitliche, ausgewogenen Reihe in der jede Haltung auf die vorherige aufbaut, diese intensiviert oder einen Gegenpol darstellt. Körperlich aber auch geistig und energetisch wirken und schwingen die Asanas miteinander. Dennoch ist diese Reihe „nur“ ein Gerüst. Das heißt: Sie muss angepasst werden, an die körperliche Verfassung und die Möglichkeiten des Übenden. Die Haltungen sind im Grunde „Meditationshaltungen“ und ein Vorbereiten und Aufwärmen (z.B. in der Form des Sonnengrußes) ist u.U. sinnvoll.
Wenn mit Yoga begonnen wird, sollte dies am besten zusammen mit einem Lehrer geschehen, dem du vertraust. Nach und nach wird dein Vertrauen in deinen eigenen Körper wachsen. Wenn der Wunsch entsteht, alleine, Zuhause zu üben, hast du vermutlich schon genug „Material“ aus den geführten Yoga-Stunden mitgenommen, um deine Reise auch alleine aufzunehmen – in den Asanas, aber auch im ganz gewöhnlichen Alltag, mitten im oder kurz nach einem Streitgespräch mit deinem Nachbarn oder was auch immer dir gerade deine „Knöpfe“ drückt!
Wer mehr von mir hören will findet mich auf youtube oder in Kirchheim/Teck Yoga