Wenn irgendetwas mal (oder längere Zeit) nicht so richtig „rund“ zu laufen scheint, taucht oftmals die Idee auf: Es wäre etwas anderes möglich, als das, was gerade ist.
Was natürlich Quatsch ist. Denn offensichtlich IST das, was gerade IST. Und alles andere ist einfach Gedankenspielerei: Nach dem Motto, was wäre wenn…!
Gleichzeitig ist es jedoch möglich, dass das, was gerade ist (bzw. sich unentwegt bewegt), durch die Brille eines Verstandes (der immer auf individuelle Weise „gewachsenen“ ist) eben ALS dieses oder jenes ERSCHEINT! In dieser Erscheinung, scheint es zum Beispiel einfach gerade blöd zu laufen… 😉
Und genau DIESER Geist versucht dann (natürlich immer aus seiner Haltung heraus) Änderungen vorzunehmen…
In manchen Kreisen scheint die naheliegende Änderung, die des „Annehmens“ zu sein. Doch wenn VERSUCHT wird Annehmen UMZUSETZTEN, wird dadurch oft erst Recht eine Art von Kampf erzeugt.
Und dennoch: manchmal PASSIERT Annehmen, wie eine Art Erinnern…
Wenn wir Hatha-YOGA machen, machen wir es aus unterschiedlichen Gründen: Wir mögen einfach die Bewegung. Oder wir wollen direkt unseren Körper stärken. Vielleicht mögen wir das Gefühl danach. Vielleicht wollen wir uns entspannen, mögen die Energiebewegung oder wissen es selbst nicht so genau. Wir machen Yoga aus Gewohnheit, aus Freude, grundlos oder zielgerichtet.
Die Bewegung des Lebens bleibt dabei gleich! Gleich frei und mit allem verwoben. Der Atem fließt weiterhin ein und aus. Es wird Tag und Nacht. Aber die Gläser der Brille werden klarer…
…und möglicherweise verschwindet sogar derjenige, der sieht.
Gestern
(eigentlich vor ein paar Tagen, aber als ich es fertig geschrieben habe, war es „gestern“):
Nach dem langen Winter: der wunder-, wunderschönste Sonnenaufgang! Klarer Himmel und ein Hauch von Frühling.
Und sonst? Eigentlich ein ganz normaler Morgen. Früh aufgestanden. Zeit gehabt für mich. Für meine Morgenroutine mit Ölziehen… Zeit für Yoga, Stille…
Mein Sohn ist schon seit ein paar Tagen krank. Da er nicht in die Schule muss und ich erst abends unterrichte, ist es morgens noch entspannter als sonst – eigentlich!
Die Wohnung sieht schon seit Tagen ziemlich chaotisch aus. Hat mich bisher auch nicht weiter gestört. Ich war im Fluss mit dem was ich stattdessen gemacht habe: Geschrieben, geplant, Zeit mit den Kindern verbracht,… einfach worauf ich Lust hatte. Und irgendwann habe ich meist auch Lust wieder aufzuräumen. Eigentlich…
Ja und heute…? Keine Ahnung. Auf einmal, wie aus dem Nichts – meine Tochter war gerade der Meinung, dass sie keine dicke Strumpfhose findet und ich daran Schuld sei – zieht sich alles in mir zusammen und ich kriege den totalen Anfall. Überall liegt alles Mögliche rum und wenn ich es nicht wegräume, liegt es morgen noch da! In mir kriecht das Gefühl hoch, Dinge machen zu MÜSSEN, auf die ich keine Lust habe. Wow! Das hatte ich ewig nicht. Und es wird immer schlimmer… plötzlich befinde ich mich mitten in einer Schul-Diskussion mit meinem Sohn, weil ich der Meinung zu sein scheine, dass er unbedingt mehr Vokabeln lernen muss…
Unangenehm ist aber gar nicht das Gespräch, sondern das Gefühl in mir! Dieses Erleben, das ich die ganze Zeit hasse, was passiert. Ich wüte rum und will nicht rumwüten. Alles in mir wird eng…
Auf dem Weg zum Kindergarten fällt mir auf, dass es nichts gibt, was dieses Gefühl „beruhigen“ könnte. Egal was jemand zu mir sagen würde, es würde dieses „Loch“ nicht füllen können. (Was ich natürlich nicht wissen kann! Wir wissen nie was passiert. Schwups – ganz unvermutet werden wir vielleicht von irgendetwas berührt…)
Es ist nicht so, dass ich jetzt nur ein paar Asanas, also Yoga-Haltungen machen müsste und tataaaa, bin ich wieder happy.
Andererseits ist manchmal auch genau so: Den Körper bewegen und genießen,… vielleicht mit Musik und freien Bewegungen und Tanz zwischendurch… Wow!
Okay, also an diesem Tag – gestern – konnte ich auf keinen Fall irgendwelche Asanas machen. Das tauchte in meinem Universum überhaupt nicht auf.
Was ich stattdessen gemacht habe? Ach, was halt so anstand. Und ich blieb mehr oder weniger im Kampf…
Als ich mittags vor dem Kindergarten in der Sonne auf meine Tochter wartete und es nichts weiter zu tun gab, als da jetzt zu stehen, bis es halb eins wurde, wurde es ruhiger. Was für eine Erleichterung. Einfach da stehen. Sonne in meinem Gesicht. Luft um mich herum. Stehen. Körper…
Hatte ICH das gemacht? Nein…
…und die Spannung war auch nicht wirklich weg, aber das Kämpfen dagegen hatte aufgehört.
Wer hätte das MACHEN können, wenn doch der Versuch, des WEG-HABEN-WOLLENS selbst, den Kampf erst auslöst?
Später gönnte ich mir eine Mittagspause. Ich legte mich ins Bett und tat einfach nichts. Ich spürte das körperliche Empfinden und genoss. Nicht, weil das irgendwo hinführt, sondern einfach so.
Warum ich das nicht einfach schon vorher gemacht habe?
Weil ich es gar nicht gemacht habe!
Auch jetzt nicht.
Vorher ist einfach etwas anderes passiert.
Und jetzt passierte das hier.
Das Erdbeben in mir blieb. Und veränderte sich. Vor dem Yoga-Unterricht am Abend fühlte ich mich sehr verletzlich, zart und wund.
Die Yoga-Stunde war dann wunderbar. Es machte solche eine Freude auf diese Weise mit den Menschen zu sein… Ich fühlte mich nicht, da floss einfach Lebendigkeit. Worte kamen aus meinem Mund. Körperübungen entstanden… natürlich nicht unabhängig von dem, was ich mal gelernt und erfahren habe…
Nach der Stunde: Ich denke gar nicht mehr an irgendein Gewitter, denke auch nicht, dass es weg ist, bin mir nichts besonderem bewusst und dann:
BANG!
Eine Begebenheit… wie ein Stich… mitten rein in eine Wunde, die ich nicht „kenne“, nicht als etwas, das ich erzählen könnte…, aber es trifft mitten rein und etwas in mir versucht, nicht völlig auseinanderzufallen, sondern irgendwie die Fassung zu bewahren. Nicht, dass ich das wirklich so wählen würde und nicht, dass ich das wirklich mitkriegen würde… JETZT wo ich schreibe, sehe ich es so. Und es bedeutet nichts. Ist weder wahr noch unwahr. Einfach ein Augenblick. Ein intensiver Augenblick.
Und am nächsten Tag? Ist es still. Es brodelt noch ein wenig… aber vorwiegend still. Die Wohnung befindet sich noch viel mehr im Chaos als am Tag zuvor, aber es stört heute irgendwie nicht. Warum? Keine Ahnung.